50 Shades Of Mud

Das Burg-Herzberg-Festival ist mittlerweile einfach Pflicht. Der Plan war, nach Loshausen kommt Benne Montags mit zu mir, wir kaufen frisches Essen ein und beladen das Hippie-Mobil mit frischen Lebensmitteln und Kleidung, schlafen aus und fahren am Dienstag Nachmittag gemütlich zum Herzberg. Abends wollten Anne und Gero zu uns stoßen und wir hofften, dass wir genug Platz frei halten können.
Es kam anders, wie so vieles noch ...

Wegen Dauerregen am Montag und Dienstag in der Umgebung des Festivalgeländes mit 60 l/m2 pro Stunde war das Gelände nicht mehr befahrbar und die Anreisenden mussten mal wieder mit Treckern auf das Gelände gezogen werden. Auf der Homepage des Festivals wurde am Dienstag gebeten noch nicht anzureisen und besseres Wetter und bessere Bedingungen abzuwarten. Wir haben uns am Dienstag entschlossen, noch einen Pausentag ein zu legen und erst am Mittwoch zu fahren.
Gero und Anne kamen am Dienstag Abend an und haben sich in die Schlange eingereiht, sich aber entschieden, die Nacht im Bus am Rande des Zufahrtswegs zu verbringen.

Am Mittwoch hat der Regen tatsächlich aufgehört, es sollte aber frühestens ab Mittag mit der Schleppaktion weitergehen und es wurde auf der Homepage darum gebeten weiter auf bessere Bedingungen zu warten.
Mittwoch Mittag haben wir dennoch beschlossen los zu fahren und uns wenigstens schon mal in die Schlange ein zu reihen, was auch immer uns dann erwarten mag.
Die schon in Loshausen bewährte Duschhaube für die undichte Dachhaube blieb auch noch drauf.

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Die Autobahn war frei, der Bus lief gut und die Polizei war in Eifa mit einem VW-Bus beschäftigt, wir kamen also ohne Belästigung und Verzögerung durch.
Kurz vor der letzten Abzweigung im Wald war dann das Ende der Schlange erreicht. Aussteigen, mit den Nachbarn schwätzen und mal einen Spaziergang nach weiter vorne starten. Gero und Anne waren mittlerweile auf dem Gelände angekommen, es wurde also wieder reingeschleppt.

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Einer der Schlangennachbarn kam gleich Janis besichtigen. Er hat auch einen kurzen und einen langen Hanocedes, beide sind aber noch nicht wieder durch die HU und daher musste er mit einem T4 vorlieb nehmen, der Arme ;-).

Weiter vorne in der Schlange stand ein richtig schnuckeliger hellblauer Barkas aus östlichen Gefilden, was einem der Umstehenden den Kommentar "endlich mal wieder richtiger Zweitaktgeruch" entlockt hat. Passenderweise hatte der Barkas das Kennzeichen B IO.
Kaum waren wir ein paar hundert Meter die Schlange, mit diversen aufgebauten Pavillons, aufgespannten Tarps, Campingstuhlsitzecken und geöffneten Anhängern mit Biervorräten entlang gewandert, ging es vorne plötzlich und unerwartet weiter und wir sind umgekehrt um nicht von der Karawane abgehängt zu werden.

Es ging tatsächlich ein ganzes Stück weiter, gefühlt mindestens einen Kilometer, und wir haben unsere Wanderung erneut aufgenommen. Auch jetzt ging es irgendwann irgendwo weiter vorne wieder weiter. Also wieder umkehren. Sollten wir an diesem Tag mehr Kilometer zu Fuß als mit dem Bus machen?
Noch ein Versuch beim nächsten Stop, dann könnte man schon fast ein Gesetz der Serie vermuten.

Nach den nächsten GOs und Stops, bei denen wir ein paar Gefährte überholt hatten, die offenbar nicht weiter wollten oder sich ganz viel Zeit zum zusammen packen gelassen hatten, war ein blauer Transit mit Anhänger hinter uns gelandet. Mit den beiden Unterfranken (fast aus der Heimat) darin haben wir uns gleich gut verstanden. Anfang des Kontakts war, wie so oft, der Bus, bzw. das Schloss vorne, das wohl mal Schalter der Alarmanlage war, aber von Stefan als besonders originelle Ex-Antennenlochabdeckung angesehen wurde ;-).

Diverse GOs und Stops später waren wir fast an der Einfahrt zum Festivalgelände angelangt. In einer Lichtung und am Straßenrand rechts hatten es sich diverse Gefährte und Autos gemütlich gemacht und sich offenbar auf Dauercamping eingerichtet. Hatten wohl Angst vor dem Schlamm und den Treckern.
Hätte ich wohl auch haben sollen ;-).

Nach der Abendkasse, an der es dieses Jahr, wegen des ausverkauften Festivals keine Karten sondern nur noch Bändchen für Kartenbesitzer gab, ging es links einen Weg runter, den ich noch nicht kannte. Der Hauptweg in Freak City und die Neue Heimat (der Stoppelacker) war nicht mehr befahrbar.
Ein Blick über das Gelände lies Schlimmes vermuten, dich besiedelte Flächen, unterbrochen von schlammig aussehenden Zufahrtswegen und viel freier Platz auf dem Stoppelacker. Selbst die Wiese von Freak City sah matschig aus.

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Eine Frau kam den Weg herauf und sagte mit einem Grinsen "verabschiedet Euch schon mal von Euren sauberen Autos". Ich meinte dann nur "Dreck ist mir egal, aber ich möchte meine Ölwanne behalten ...".
Ich hab schon mal die Bergstiefel angezogen, auf Gummistiefel hatte ich noch keine Lust.
Etwas weiter unten war die Abschlepppiste schon zu sehen und ließ Schlimmes befürchten. Es ging bergauf und es waren schon ziemlich tiefe Furchen im Acker.
Wir haben noch versucht zu verhandeln, dass wir gleich nach links unten in die zweite Reihe zu Gero geschleppt werden, aber keine Chance ...
Es war soweit, der Bus kam an die Kette und los ging die wilde Fahrt. Bergauf und dann nach links, diverse Streif- und Aufsetzgeräusche von unten. Der Bus in ziemlicher Schräglage! Ich hab dem Treckerfahrer zugerufen "der kippt gleich!", worauf er meinte "lenk mal mehr ein" und versucht hat etwas gerader hoch zu ziehen. Kurzes Stück weiter, Neigung wieder halbwegs austariert, aber der Bus hing im Matsch fest. Der Trecker ist dreimal mit Wucht angefahren, aber es ging gar nichts voran. Ich habe mich schon mal von Fahrwerk und Ölwanne verabschiedet und ein zweiter Trecker wurde vorne angespannt.
Wieder drei wuchtige Rucke, dann war der Bus frei und dem vorderen Trecker ist beim letzten Ruck die Schleppkette gerissen.Weiter hinter dem Trecker her und jetzt ging der Matsch weitestgehend in Stoppel über. Nach links den Hügel wieder runter in eine Reihe die (wieder vielleicht unsinnigerweise) von unten aufgefüllt wurde.

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Der Bus wurde abgestellt, ziemlich schräg stehend, und ich bin erst mal rausgesprungen um drunter zu gucken. Auf den ersten Blick lief nichts aus und es war noch alles dran, aber dick mit Matsch verkrustet. Der rechte vordere Stoßdämpfer sah allerdings so aus, als ob er ab sein könnte. Ein paar größere Brocken, die das Handbremsseil (ja das geht auf die Vorderräder) heruntergedrückt haben, habe ich gleich abgemacht.
Der Treckerfahrer meinte "ich hätte nicht gedacht, dass das so ein dicker Brocken ist". Hmmm, dick nicht, mit 2,5 T zulässigem Gesamtgewicht auch nicht sonderlich schwer, aber mit Lenkgestänge, Fahrwerk und Ölwanne hängt der Bus vorne recht tief und bietet genug Widerstand für Hindernisse oder Matsch.
Ich habe den Bus schon auf dem Rücken eines Pannendienst-LKWs vom Platz rollen sehen und eine genauere Inspektion auf später verschoben.
Erst mal ankommen, Solarzellen auf die Dachträger, Tisch und Stühle raus, Vorzelt aufbauen und den Bus schlaffertig machen ...

Nach 6 Stunden Anfahrts-Schlange waren wir gegen 20 Uhr auf dem Platz gelandet. Um 22 Uhr wurde dicht gemacht, das Gelände war auch unten nicht mehr befahrbar.

Gero kam vorbei um zu sehen ob wir noch leben - es schien so - und wir haben erst mal ein Bier aufgemacht und er hat uns geholfen Bennes Zelt und mein neues Bus-Vorzelt auf zu bauen.
Danach gab es bei Anne und Gero sogar noch etwas warmes zu Essen was die beiden übrig hatten.

Anschließend haben wir uns auf den weiten Weg zu Freak City gemacht, für eine erste Geländeerkundung. Im Höllenschuppen spielten ja schon am Mittwoch die ersten Bands. Leider hatte ich wegen der langen Anfahrt Mattblau und Anderes Holz verpasst.
Dafür gab es im schlammigen Freak City einen Rhabarberwein und eine Pizza mit Allem und Sauerkraut, wirklich lecker.
Noch ein bisschen Musik am Höllenschuppen angesehen und dann ging es auf den langen und im Schlamm beschwerlichen Weg zurück zum Bus wo der erste Tag mit einem kleinen Rotwein-Absacker endete.