Babylon by bus 4

Nach einer zu kurzen Nacht, wir waren am Bus angekommen noch etwas mit den Nachbarn versackt, und dem Frühstück gab es erst mal eine kleine Session mit den Nachbarn. Mit Gitarre, Djembe und Cajonito haben wir durchaus einen guten Sound erzeugt und hatten viel Spaß.

Wir haben es tatsächlich geschafft rechtzeitig Schluß zu machen um zum ersten Konzert, das ich unbedingt sehen wollte, auf das Festival-Gelände zu kommen.

Ami und Band sollten den Tag auf der Open Stage einleiten. Ami ist die Tochter von Wally Warning,einem Musiker mit karibischen Wurzeln, der in München lebt. Ami habe ich zuerst in der Kleinkunst-Sendung "Vereinsheim Schwabing" des BR gesehen und ihr Auftritt und die ganz spezielle Stimme haben mich sofort umgehauen. Daher war ich wirklich begeistert sie endlich live sehen zu können.
Sie hat auf dem Africa Festival ihre neue CD "Seasons" live mit neuer Band vorgestellt, die im Juni veröffentlicht wird.
Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Ein wirklich herausragendes Konzert mit Papa Wally an der Percussion und hervorragenden Musikern, sparsam instrumentiert mit Amis Stimme in Vordergrund und daher um so mitreißender!
Nach dem Konzert haben wir uns mit vielen anderen Begeisterten am Bühnenrand in die Schlange gestellt und eine signierte Version der neuen CD gekauft.

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Die nachfolgenden Konzerte der deutschen Reggae Band Jahcoustix und Nneka mit HipHop, Dub und Afro-Soul aus Nigeria haben wir weitestgehend wegen anderer Aktivitäten verpasst: Nahrungs- und Getränkeaufnahme, eine ausführliche Bummeltour durch den Basar und die tägliche Stipvisite bei den Trommlern unter der Brücke.

Das musikalische Programm für den Abend war dann wieder vielversprechend, die Wettervorhersage allerdings nicht, Gewitter und Schauer drohten.
Den Anfang machte Lokua Kanza, ein musikalischer Poet aus dem Kongo. Ein sehr schönes, ruhiges, akustisches Konzert mit einem wunderbaren Sänger und Gitarristen. Klimabedingt (Saunazelt!) haben wir den zweiten Teil am Getränkestand vor dem Zelt genossen.

In der Pause zwischen den Konzerten hat sich das Wetter dann tatsächlich an die Vorhersage gehalten und mit einem Wolkenbruch erster Güte seine Pflicht erfüllt.
Im Zelt tropfte es an einigen Stellen von oben und von den Seiten ist Wasser hereingelaufen und hat schon mal die passende schweißtreibende Atmosphäre für das Konzert von Tiken Jah Fakoly, einem Roots-Reggae und politischen Protestsänger von der Elfenbeinküste, vorbereitet.
Weil Tiken Jah Fakoly in seinen Liedern die Regierung der Elfenbeinküste, diverse andere afrikanische Diktatoren und die Afrikapolitik Frankreichs kritisiert, mußte er nach Morddrohungen ins Exil nach Mali gehen.

Ich war schon sehr gespannt auf dieses Konzert, von dem ich mir ein weiteres Highlight des Festivals erhoffte.
Zunächst kam die Band auf die Bühne und hat schon mal die Richtung vorgeben: Tanzen! Treibender Reggae-Rhythmus gepaart mit Melodie und Background-Mädels, sehr schön.
Dann kam Tiken Jah Fakoly auf die Bühne, im Kaftan, mit grauem Bart und auf einen krummen geschnitzen Stock gestützt, wirkte er zunächst wie ein alter Mann. Doch weit gefehlt, er mag nicht der beste Sänger sein, aber er hat eine Botschaft und das merkt man selbst wenn man des Französischen nicht mächtig ist. Druck von der ersten Silbe an, perfekt unterstützt von der Band. Und wenn er anfängt über die Bühne zu hüpfen, auf den Stock gestützt springt und seine Lieder shoutet, dann ist der erste Eindruck des alten Mannes, der er ja gar nicht ist, schnell weggefegt.
Was für eine Atmosphäre! Das Publikum war von Anfang an voll dabei, eine einzige tanzende Meute und diverse Afrikaner um mich herum haben die Texte lautstark mitgesungen und alle Ansagen zwischen den Songs mit bestätigenden Ausrufen quittiert. Da stand jemand mit Einfluss auf der Bühne, dessen Aussagen ankommen.
Ich habe mir so gut es bei den beengten Platzverhältnissen ging einen abgezappelt und zum Glück war ich nicht der Einzige dessen Schweißdrüsen Überstunden gemacht haben. Kein Wunder bei der tropischen Luft im Zelt.
Sehr interessant war ein afrikanisches Instrument mit zwei Hälsen und je vier Saiten, dessen Namen ich nicht kenne, das aber mit gezupften Riffs für einen sehr melodiösen Hintergrundrhythmus gesorgt hat und auch für einige Soli gut war. Gitarrist und Bassist haben mich, warum auch immer, mit ihren Vollbärten, Rasta-Mützen bzw. Dreadlocks irgendwie an eine afrikanische Variante von ZZ-Top erinnert.
Irgendwann habe ich die LCD-Uhr am linken Bühnenrand war genommen und war überrascht, dass erst eine dreiviertel Stunde vergangen war. Mir kam es schon viel länger vor und ich war auch schon ganz schön fertig vom Tanzen. Doch der Rhythmus und der Druck den die Band gemacht hat, haben einfach keine Chance für eine Pause gelassen. Wenn mir der Rhythmus in Bauch, Hintern und Beine fährt, muss ich mich einfach bewegen ;-). Benne hatte auch schon etwas geschwächelt und sich auf einen Sitzplatz verzogen.
Nach ca. einer Stunde wurde es dann kurzzeitig etwas ruhiger. Fast die ganze Band hat sich mit diversen Djemben und Trommeln bewaffnet und ein percussives Intermezzo gegeben, Tiken Jah Fakoly hat den Kaftan ausgezogen und dazu ein eher ruhiges Lied gesungen. Anschliessend ging es mit dem schon gewohnten Druck weiter, unter anderem auch mit "Get Up Stand Up" von Bob Marley. Einfach ein universeller Klassiker für alle Protest-Sänger.
Nach fast eindreiviertel Stunden war das fantastische Konzert zu Ende, leider gab es keine Zugabe mehr, es war wohl schon zu spät, oder aber die Band hatte sich, wie auch Teile des Publikums völlig verausgabt ;-).

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Nach dem Konzert ging es dann gleich zurück zum Bus, noch einen kleinen Rotwein-Schlummertrunk und ab ins Bett. Zitat Benne: "Auch dieser Tag war wieder ein voller Becher." Stimmt und gute Nacht ...